Medienbeiträge

278 Häuser betroffen - Arche macht Hoffnung für juristische Schritte
von Chris Stoffels, "Neuss-Grevenbroicher Zeitung" vom 2. März 2002

Noch steht den Gohrer Neubürgern, die unterhalb der Bruchkante gebaut haben, zwar nicht das Wasser bis zum Hals. Doch die Bedrohung durch den Grundwasser-Anstieg im Zuge der Wanderung des Braunkohle-Tagebaus wird zu einem ernst zu nehmenden Szenario in frühestens drei bis acht Jahren. Bis dahin müssen die Bürger gewappnet sein.

Die Grundwasser-Bedrohung in den schmucken Siedlungen in den tiefer gelegenen Gebieten von Gohr erhitzt die Gemüter. Entsprechend voll war der Turfgrafen-Saal. Doch die Stimmung in der Bürgerversammlung blieb sachlich. Einer der Gründe: "Stadt und Bürgerinitiative wollen an einem Strang ziehen und auch angesichts möglicher juristischer Auseinandersetzung sachlich und fair miteinander umgehen", so Hauschild.

Eine Haltung, die Arno Neukirchen der Sprecher der Bürger-Initiative "Arche Gohr", teilt. Dennoch ließ er keine Zweifel daran, in der Sache der Bürger hart zu bleiben. Insgesamt sind nach Auskunft der Stadt 278 Grundstücke betroffen, die in dem kritischen Bereich der Grundwasserhöhe 39 bis 41,50 Meter über NN liegen.

Die Stadt hat diese Grundstücke kartieren lassen. Das große Rätselraten über den Zeitpunkt, wann die Bedrohung real werden könnte, kann auch Thomas Wedowski, stellvertretender Leiter des Tiefbauamtes und Entwässerungsexperte nicht vollständig auflösen: "Wir erwarten ein erstes Ansteigen des Grundwassers zwischen 2005 und 2010."
Offenbar dann aber mit steigender Tendenz. Konkretere Angaben sind offenbar derzeit nicht möglich. Das beklagt auch Arno Neukirchen. Nach seinen Worten wird immer deutlicher erkennbar, dass das Unternehmen Rheinbraun als Verursacher der bedrohlichen Grundwasser-Schwankungen bei den Ausweisungen der Tagebaue Gohr nicht berücksichtigt hat: "Wir liegen zwar am Rande des Sümpfungstrichters, doch sind nur in einem Rahmenbetriebsplan für den Braunkohletagebau erwähnt, und zwar für einen Tagebau, der uns kaum berührt."

Möglicherweise liegt darin aber auch eine Chance für die Bürger: Wurde juristisch angreifbar versäumt, auf die Situation in Gohr aufmerksam zu machen und können sich daraus möglicherweise Schadensersatzansprüche ableiten? Ähnlich verhält es sich offenbar auch auch bei den Bebauungsplänen.
Die Arche-Recherchen haben laut Neukirchen ergeben, dass zwar die Grundwasser-Frage in einem Teil der früheren Bebauungspläne der ehemaligen Gemeinde Nievenheim enthalten, aber auf Drängen der Bezirksregierung Düsseldorf gestrichen worden waren - eine Basis für eine Haftung? Ohnehin war die Prüfung der juristischen Fragen ein Schwerpunkt der Arche-Arbeit in den vergangenen Monaten.

Dabei wurden Ansprüche unter anderem gegen die Grundstücks-Verkäufer wegen verborgener Mängel, gegen Architekten, gegen die Stadt geprüft, offenbar bislang mit wenig Erfolg. Und dennoch konnte Neukirchen Hoffnung machen: "Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich in der jüngsten Vergangenheit grundlegend gewandelt."

Dabei sei der Grundsatz ausgesprochen worden, der Bauherr können sich nicht um alles kümmern und alleine das volle Risiko tragen. Danach sei auch "für einen äußerst sorgfältigen Bauherrn ein Grundwasser-Anstieg nicht vorhersehbar", so Neukirchen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arche-Arbeit bestand in der politischen Lobbyarbeit.

Und die trägt offenbar Früchte: Bundes- und Landtagsabgeordnete wurden aktiv, die CDU startete kürzlich im Landtag noch eine Initiative. Zahlreiche praktische Tipps erhielt die Arche von Hubert von Grabczewski, Bürger-Sprecher der Grundwasser-Kommission Korschenbroich, für das weitere Vorgehen. Stadt und Arche sind sich einig, dass nunmehr zunächst Experten möglichst sichere Prognosen und effektive Lösungsmöglichkeiten erarbeiten sollen.
Dabei soll auch das frühere Drainagesystem zum Beispiel mit dem Gohrer Graben beurteilt werden. Die Ergebnisse der Experten-Gespräche werden dann im Bezirksausschuss vorgestellt. Dort soll auch der Kreis Neuss die Grundwasser-Situation auf der Gohrer Müll-Deponie erläutern. Ein entsprechendes Schreiben ist in Vorbereitung.

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