Vararas Augen leuchten, als sie den Raum in der ersten Etage betritt. Viele ihrer neuen Freunde sind gekommen und singen gemeinsam „Happy Birthday“ für das Geburtstagskind. Varara ist acht Jahre alt ge-worden. Normalerweise würde sie ihren Geburtstag mit der ganzen Familie feiern, doch das ist an ihrem heutigen Geburtstag nicht möglich. Varara ist vor dreieinhalb Monaten mit Mutter, Vater, Bruder und ihrer Oma aus der Ukraine geflüchtet und lebt seitdem in der Flüchtlingsunterkunft im Gebäude der ehemaligen Christoph-Rensing-Schule an der Knechtstedener Straße.
Jedes Mal, wenn ein Kind, das derzeit in einer der Flüchtlingsunterkünfte in Dormagen lebt, Geburtstag hat, organisieren Jenny Freibeuter von der ehrenamtlichen Initiative „You‘ll nev’Ahr walk alone“ und ihr Team einen unvergesslichen Kindergeburtstag. Es wird zusammen Kuchen gegessen, gefeiert, getanzt und gespielt – je nach Alter entsprechend – und das Geburtstagskind erhält ein Geschenk. „Alleine das Leuchten in den Augen der Kinder ist so wunderschön“, sagt Jenny Freibeuter. „Diese Feiern sind nicht nur für die Kinder etwas Besonderes, sondern auch für uns Helfende. Eine Mutter hat einmal zu mir gesagt, dass ihr Sohn ohne uns gar nicht wahrgenommen hätte, dass er überhaupt Geburtstag hat. Diese Kinder haben bereits so viel Schlimmes erlebt, da ist es uns ein Anliegen, ihnen auch immer wieder glückliche Momente zu bescheren.“
Und damit sind nicht nur die Kindergeburtstage gemeint. Die ehrenamtliche Initiative „You‘ll nev’Ahr walk alone“ hat bereits zahlreiche Veranstal-tungen und Ausflüge organisiert. Von Bastelnachmittagen, Ostereiersuchen, Outdoor-Spielenachmittagen über gemeinsames Eisessen, Besuch auf dem Schützenfest bis hin zu Ausflügen in den Krefelder Zoo und in den Freizeitpark „Irrland“ in Kevelaer – das Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfenden ist riesig.
Darüber hinaus hat sich vor einigen Wochen die Gruppe „Zons hilft“ gegründet, die ebenfalls bereits Aktionen durchgeführt hat. So wurden Spielenachmittage und Ausflüge unternommen. Als weitere Freizeitakti-onen sind Koch-Nachmittage sowie regelmäßiges Nachbarschaftsgrillen geplant. Zudem betreibt die Zonser Initiative das „Café Grenzenlos“. Jeden Freitag von 15.30 bis 17.30 Uhr treffen sich ukrainische Familien mit Zonser Anwohnerinnen und Anwohnern in der Zonser Flüchtlingsunterkunft und kommen ins Gespräch. „Beim gemütlichen Kuchenessen nehmen wir Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern der Unter-kunft auf, klären Fragen und Bedürfnisse, üben Deutsch und beschäfti-gen uns mit den Kindern und Jugendlichen“, erläutert Nina Reinwald von der Initiative „Zons hilft“. „Das Angebot wird gut angenommen und wir sind den vielen Bürgerinnen und Bürgern sehr dankbar, dass sie uns Woche für Woche mit Obst- und Kuchenspenden versorgen.“ Ebenfalls unterstützen die Ehrenamtlichen auch beim Ausfüllen von Formularen und Bewerbungen schreiben. Auch haben sie sich dafür eingesetzt, dass den Flüchtlingen 15 Fahrräder zur Verfügung gestellt werden, damit sie mobiler sein können. Wer Interesse hat zu helfen oder sich einzu-bringen, erfährt unter www.zons-hilft.de, was für Hilfe derzeit benötigt wird und was als Nächstes geplant ist. Dort wird gezielt aufgelistet, welche Dinge die Geflüchteten persönlich benötigen.
Für eine gute Integration sorgt auch die Volkshochschule Dormagen aktiv. Innerhalb von wenigen Wochen sind bereits sechs Integrationskurse gestartet. In 700 Unterrichtseinheiten wird den Teilnehmenden die deutsche Sprache vermittelt. Darüber hinaus werden für die Kinder und Jugendlichen in den Ferien zahlreiche Angebote in Kooperation mit den Kirchengemeinden und Jugendeinrichtungen Dormagens angeboten.
„Wir sind eine Gemeinschaft und helfen uns gegenseitig – das war schon immer Usus in Dormagen – und wird aktuell mehr denn je gelebt. Das macht unsere Stadt aus und darauf bin ich sehr stolz“, sagt Bürger-meister Erik Lierenfeld.
Gegen 18 Uhr ist Schluss mit der Geburtstagsparty. Varara ist mittlerweile etwas erschöpft, aber sehr, sehr glücklich. Für ein paar Stunden konnte die Achtjährige den Krieg und seine Auswirkungen vergessen.