Bis Ende Mai werden noch die Kita-Plätze entsprechend der Wartelisten in Dormagen für das am 1. August beginnende neue Kindergartenjahr verteilt. Die Nachfrage ist gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Nach aktuellem Stand können vorerst insgesamt 132 Kinder (2021: 86) nicht mit einem wunschgemäßen Kitaplatz ab August dieses Jahres versorgt werden. Vor allem im Bereich der unter Dreijährigen ist der Bedarf im Vergleich zum vergangenen Jahr stark gestiegen. Konnten zum gleichen Zeitpunkt 2021 55 Kindern unter drei Jahren kein Wunsch-Kitaplatz angeboten werden, sind es aktuell 95 Kinder. Nach aktuellstem Stand sind in Dormagener Einrichtungen zum 1. August nur noch knapp 30 Plätze frei.
„In den Vorjahren ist es uns mit kreativen Lösungen immer noch gelungen, letztlich allen Kindern, deren Eltern das Betreuungsangebot dringend brauchten, einen Platz zur Verfügung zu stellen. Das versuchen wir auch weiterhin. Allerdings müssen wir in diesem Jahr davon ausgehen, den Bedarf leider nicht gänzlich decken zu können. Das bedauern wir sehr“, sagt Erster Beigeordneter, Robert Krumbein.
Die Gründe dafür seien vielschichtig, aber erklärbar. Vor allem kurzfristige Verzögerungen bei Kita-Neubauten und der stark angespannte Personalmarkt im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher haben die Situation zugespitzt. So fehlen entgegen der ursprünglichen Kalkulation alleine rund 70 Kitaplätze, da eine neu eingeplante Kita in Stürzelberg erst deutlich später fertiggestellt wird als geplant. Wegen Personalmangels kann der früher oft beschrittene Weg der Überbelegungen, also der Vergrößerung von Gruppen, nicht in vollem Umfang genutzt werden. Entscheidender Faktor sei aber der Wunsch der Eltern, ihr Kind immer früher in die Betreuung zu geben. Eine Dynamik, die schwer vorherzusehen sei und nach zwei Corona geprägten Jahren jetzt wohl auch Nachholeffekte zeige, vermutet Krumbein.
Sabine Becker, im Jugendamt für den Kitabereich zuständig, betont, dass bereits erste Gegensteuerungsmaßnahmen angelaufen seien, um der Entwicklung schnellstmöglich noch stärker entgegenzutreten. Kurzfristig sei eine Kampagne zur Gewinnung neuer Fachkräfte geplant. „Wir haben aktuell sieben unbesetzte Stellen. Das lässt erahnen, wie schwierig der Markt ist“, sagt sie. Auch deshalb werde der Fokus künftig noch stärker auf die Ausbildung neuer Kräfte gelegt. Ziel sei es, noch mehr Erzieherinnen und Erzieher aus dem Nachwuchs zu rekrutieren. Aktuell befinden sich bei der Stadt 17 Personen in unterschiedlichen Ausbildungsgängen zur Erzieherin oder zum Erzieher. Weitere Bewerbungen sind jederzeit gewünscht. Auch ein duales Hochschulstudium der Kindheitspädagogik wird künftig zum Ausbildungsangebot gehören.
Laut Bernd Gellrich, Vorstand der Diakonie und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtspflege im Rhein-Kreis Neuss, betrifft die Personalnot nahezu alle Träger in der Region. Aus seiner Sicht habe in den vergangenen Jahren eine strategische Steuerung durch die Landesregierung gefehlt. Die Träger und auch örtlichen Jugendämter seien in vielerlei Hinsicht allein gelassen worden. „Das Kinderbildungsgesetz muss zügig reformiert werden.“
Darüber hinaus befindet sich die Stadt mit Kita-Trägern bereits in intensiven Gesprächen, wie weitere Kita-Standorte schnellstmöglich erschlossen und realisiert werden können. Konkret läuft derzeit die Suche nach einem Standort zwischen Horrem und Rheinfeld für eine fünfgruppige Einrichtung. „Es steht außer Frage, dass wir die Erschließung neuer Standorte nochmals beschleunigen müssen. Hier können und müssen wir besser werden“, so Krumbein.